Donnerstag, 16. April 2009

Smalltalk auf dem Weg nach Yibin

Eine der besten Möglichkeiten, sein Chinesisch auszuprobieren, liefern die unzähligen Taxifahrten, die man hier so hinter sich bringt. Meistens ist es die übliche Neugier, die seitens des Fahrers das Gespräch antreibt; dann geht es meistens um Deutschland, chinesische Frauen, chinesisches Essen oder vergleichbares. Ab und zu gibt es aber auch durchaus interessantes zu erfahren, z.B. das es "angeblich gestern am Xizhimen (eine wichtige Verkehrskreuzung an einem ehemaligen Tor der Stadtmauer) geregnet hat", oder man darf erfahren warum der Fahrer die lebende Libelle in dem Käfig am Rückspiegel "bloß als Haustier" hält.

"Die Libelle hier halte ich mir als Haustier."


Gelegentlich geben sich die Taxifahrer auch gesprächig darüber, warum sie ständig aussteigen und (so stellte es sich hinterer heraus: vor den Kameras an großen Kreuzungen) ihre Nummernschilder abkleben: Man darf in Beijing aufgrund der Staubelastung an bestimmten Wochentagen sein Auto nicht benutzen. Montag die Endnummern 1 und 6, Dienstag 2 und 7, usw. Auch wurde mir schon berichtet, warum der Sicherheitsgurt immer mit einer Klammer befestigt wird, damit es so aussieht als hätte man sich angeschnallt, man ihn aber nur umlegen muss. "Es ist Gesetz,ihn um zu haben, aber ich fahre schließlich sicher, da brauche ich ihn nicht!" Interessant auch die Theorie, warum die Fahrer es nicht akzeptieren, dass man mit seiner U-Bahn-Konto-Karte bezahlt, obwohl sie überall damit Werbung machen. "Dann muss ich zur Bank und mir das Geld abholen, das dauert viel länger." Na, macht doch Sinn.

Eine denkwürdige Taxifahrt hatten wir auch im Urlaub, als wir von Xuyou, Elfi's Heimatstadt und dem Ort einer denkwürdigen Hochzeitsfeier, zum Yibin Bamboo Forest und weiter nach Luzhou gefahren wurden. (Die Sache hat damals 20 Euro pro Person gekostet, bei ca. 8 Stunden Fahrt wohlgemerkt.) Elfi's Papa hatte es sich auf der Hochzeitsfeier nicht nehmen lassen die deutschen Freunde seiner Tochter auf's Korn zu nehmen und zu versuchen, uns mit Luzhou Lao Jiu (dem Schnaps aus der Gegend) abzufüllen. Das das ganze nach hinten losging, darauf sei hingewiesen, aber wichtig ist an dieser Stelle anderes: Wir hatten alle auch leicht einen sitzen, als wir ins Taxi stiegen. So entwickelte sich die Fahrt durch die Dörfer von Südsichuan zu einer richtig lustigen Angelegenheit. Der Fahrer freute sich gewaltig, 4 Studenten der Tsinghua zu den Sehenwürdigkeiten seiner Heimat zu fahren und ließ sich von uns auf Deutsch beibringen, wie er die Fahrt fand:
"Ar'sche'gai'le"
. Im Yibin Forest Park, dem Wald in dem "House of Flying Daggers" gedreht wurde, gibt es vor allem eines: Bambus. Und davon, soweit das Auge reicht. Als wir ankamen, sahen wir das erste Mal Sonne nach 7 Tagen vernebeltem Sichuan. Wir amüsierten uns über den Fahrer, der dachte uns verloren zu haben, und auch sonst definitiv ein guter Trip.

Von Yibin Bamboo Forest


Auf der gesamten Fahrt kam immer wieder ein komisches Piepen vom Amaturenbrett - dann eine Frauenstimme, die laut etwas wie
"Effenberg!
" sagte. Es kam, soweit haben wir es rekonstruiert, wenn er zu nah auffuhr. Wir fanden es zum Brüllen, als uns der Fahrer aufklärte, dass er davon kein Wort versteht "Ting bu dong! You shenme yisi?!", es aber eine Maschine aus Taiwan ist, die ihm sein Boss eingebaut hat, deren Sinn er aber nicht versteht. Vielleicht hätte dieser es dem armen Mann dann auch gleich mal erklären können. Seine Ankunft in unserem Ziel Luzhou kündigte der mittlerweile bestens gelaunte Fahrer den Passanten mit einem Anschreien a la Comedy Street mit: "Der Mann aus Xuyou ist in der Stadt!!!"

Gestern, als wir Elfi mal wieder zum Essen in einem Sichuan Restaurant getroffen haben, hatten wir mal wieder so einen speziellen Taxifahrer. Nachdem er uns ein paar lustige Slangwörter aus Beijing beigebracht hatte, kam er dann gleich zur Sache: Er erklärte uns, ob wir wollten oder nicht:
"Pornos mag ich übrigens gar nicht. Ich mach's lieber selbst! Selbst machen, versteht ihr? Selbst machen!"


Mehr Fotos zum Bambuswald liefert Stefan hoffentlich bald nach.

1 Kommentar:

Livinginchina hat gesagt…

Da kann ich noch einen drauflegen....
Ich bin vor einigen Wochen mit dem Taxi vom Büro nach Wangjing gefahren und hab mich vom Taxi-Fahrer volltexten lassen. Zuerst das übliche: "Wo kommst du her?", "Ah, Deutschland, BMW, Mercedes, Ballack, etc...". Dann gings los: "Deutschland hat nur 82.000.000 Einwohner, deshalb ist die Luft so gut, ähnlich wie Frankreich mit 65.000.000." "Was arbeitest du denn?", "Oh Umweltschutz....in Deutschland habt ihr ja sehr fortschrittlich Atomtechnologie, aber ihr steigt ja aus...China hat ja noch relativ wenige Atomkraftwerke. Hier werden pro Jahr xxx GWh Strom aus Kohle, yyy GWh aus Wasser, etc... hergestellt." (Ich hab die genauen Zahlen schon wieder vergessen, aber ich hatte sie damals kurz danach gecheckt und sie stimmten.) "Aber die Atomkraft ist auf dem Vormarsch. Zur Zeit sind 11 Atomkraftwerke geplant. Dann werden wird auch hier die Atomkraft intensiv genutzt." (Soweit ich weiß, stimmt die Zahl.) Ähnlich ging es 20 Minuten weiter....der Typ wusste mehr über Energiegewinnung in China als ich, obwohl das mein Job ist!
Respekt and den Kraftwerksshifu!

P.S.: In Beijing gibts auch in manchen Taxis Durchsagen aus dem Armaturenbrett. Hier werden die Fahrer allerdings gewarnt, wenn sie schneller als 70 fahren.