Mittwoch, 15. April 2009

Der Große Buddha und seine Innereien

Die Suppe, die uns auf den Tisch gestellt wird, ist hauptsächlich dunkel. Was genau darin schwimmt, kann man durch die Fettaugen nur erahnen. Ein bisschen Koriander und ein paar Zwiebelwürfel sind auf der Oberfläche verstreut. Dann, beim Umrühren, offenbart sich unser trauriges Schicksal. Es tauchen schwammartige Ringe, pockenhäutige Lappen und weißlich durchsetzte Fleischstücke auf. Bei Flo, Stefan und Paul blicke ich in niedergeschlagene Gesichter. Dann der Blick zu Elfi -
"Schaut mal Leute, ich habe wieder Innereiensuppe bestellt! Gut, oder?"
scheint sie sagen zu wollen. Ein kurzes Stoßgebet nach oben an die Decke der Garagenküche in Leshan, dann ein freundliches
"Kannst du uns vielleicht dazu noch eine Nudelsuppe bestellen?"

Es ist zwar erst der dritte Tag in Sichuan, doch eine gewisse Innereienmüdigkeit hat sich dennoch eingestellt. Weit über Sichuans Grenzen sei seine Küche bekannt, hatte uns Elfi vorher bestätigt. Voll Hoffnung auf eine kulinarische Entdeckungsreise hatten wir uns auf den Weg gemacht - soll es das etwa schon gewesen sein? Jeden Tag Innerreiensuppe?
uchöne Tage in Sichuan. Elfi's Freude über unseren Besuch in ihrer Heimatprovinz hatte anscheinend dazu geführt, dass sie uns zunächst "nur das Beste!" präsentieren wollte. Und dazu gehört hier nunmal Schweinezahnfleisch, Schweinenase und natürlich sämtliche Innereien, seien sie auch noch so glibberig. Man mag es ihr also gerne verzeihen. Uns Deutschen steht der Gaumen dann doch nach etwas appetitlicheren Dingen.
Von Leshan

Empfangen wurden wir in Sichuan von Elfi und einem Freund, die uns direkt vom Flughafen in eine der nobelsten Diskotheken der Stadt schleusten, wo am Abend ein Sänger aus Taiwan auftrat. Als dieser fertig war, freuten wir uns darauf vielleicht ein bisschen das Tanzbein schwingen zu können. In Sichuan scheint es jedoch Brauch zu sein, den Diskobesuch mit Trinkspielen am Tisch auf der Tanzfläche mit Freunden zu verbringen. Das dabei wider erwarten sehr lustige Abende herauskommen können, davon durften wir uns in den nächsten Tagen überzeugen. Nach mehreren Stunden schweißtreibendem Gezocke ging es dann nicht etwa nach Hause, sondern ins Restaurant. Ja, richtig, in Sichuan ist es üblich, nachts essen zu gehen. Und dass das wörtlich gemeint ist, bewieß uns das besuchte Restaurant mit einem üppigen Langustenmenü um 5 Uhr morgens.
Von Leshan

Am zweiten Tag kam Stefan morgens dazu. Wir entspannten den Tag über und nahmen mittags den Bus weiter nach Leshan, dem ersten richtigen Ziel unserer Reise. Dort empfangen wurden wir von Freunden von Elfis Vater, die darauf bestanden uns umsonst in ihrem Hotel übernachten zu lassen. Ok, akzeptiert. Was an dem Abend in Leshan geschah, hat Stefan schon einmal beschrieben.

Der Buddha, den wir am Morgen danach besichtigten, offenbarte erst am Mittag seine ganze Pracht - zunächst lag er im tiefen Dunst. In den Fels gehauen ragt er als Schutzpatron über einer Stromschnelle im Fluss, die vorher für Schiffe als besonders gefährlich galt. Die Sache hat funktioniert - als man den 57 m hohen Buddha anfertigte, entsorgte man den Schutt in den Fluß und überdeckte so unabsichtlich die gefählichen submarinen Felsformationen.

Zu Leshan und dem Rest von Sichuan hat Paul übrigens eine sehr schöne Bilderserie erstellt. Fotos von uns gibts bisher nur hier.

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