Montag, 9. März 2009

Helden des Lebens - Kein ganz normaler Tag!

Was für ein Tag... So ein Tag, für den es sich wirklich noch lohnt einen Blogeintrag zu schreiben! Aber was ist eigentlich passiert? Naja, ich glaube ich fange besser bei der eigentlichen Ursache der Geschichte an:


Nach unserer Ankunft in Peking im vergangen Jahr, schlugen sich direkt einige der Uni-Departments (Automotive, Pruduction engineering etc.) um die Teilnahme der deutschen Gäste an der ein oder anderen sportlichen Aktivität. Einige spielen seit dem Fußball, andere Basketball oder Badminton. Und ich? Nun, um keine gesonderte Aufmerksamkeit zu erregen hatte ich es niemandem mitgeteilt, aber mich hat das Universitäts-Rennteam angesprochen und nach einer kurzen Probefahrt direkt in das Tsinghua racing Team aufgenommen. Ich wurde angeblich bei einer meiner Radtouren vom Teachingbuilding 6 zurück zum Wohnheim beobachtet und entdeckt, der rabiat, zügige Fahrstil hat den Chinesen wohl gefallen. Ich konnte meine Mitgliedschaft im racing Club bisher niemandem mitteilen, ihre versteht, Neider und so ...

Archivfoto, Rennfahrer Jannsen, 2008

Die ersten Monate waren toll, eine Rundfahrt nach der Anderen. Erst Instituts-intern, dann gegen andere Institute, schließlich die Beijing Meisterschaft. Ein Rennen nach dem anderen habe ich gewonnen, Kontrahenten ausgestochen und am Straßenrand liegen gelassen. Letzte Woche war es dann soweit: Rennfahrer aus der ganzen Welt fanden sich hier in Peking ein, um gegen das glorreiche Automotive Team der Tsinghua University im International University Cup 2009 anzutreten - vergebens. Wir waren nicht zu schlagen, auch das favorisierte deutsche Team der Universität zu Köln hatte das Nachsehen. Nach der Siegerehrung bekam ich einen Anruf, Fritz Schramma, Oberbürgermeister der Stadt Köln, hat mich zur gesonderten Siegerehrung nach Köln eingeladen, schließlich siegt nicht alle Tage ein deutscher Austauschstudent ein solches Event in China! Das war Samstag Mittag, danach musste alles ganz schnell gehen. Per Privatjet nach Köln, Eröffnungsgala, Siegerehrung, das volle Programm. Am Sonntag morgen auf dem Weg zum Flughafen passierte ich die Unglücksstelle, an der das Kölner Stadtarchiv einstürzte. Nach einer kurzen Autogrammstunde mit der Feuerwehr half ich noch kurz bei den Bergungsarbeiten, leider konnten nur ein paar wertvolle Dokumente sicher gestellt werden. Hier ein Foto von gestern Morgen:



Die Feuerwehr und Ich, hao wan!

Der Flieger ging bereits um 10 Uhr morgens, also musste ich mich alsbald auf dem Weg zum Flughafen machen. Nach einer angenehmen Überschallreise kam ich gegen 7 Uhr abends in Peking an, es war bereits dunkel. Nach soviel Aufmerksamkeit ließ ich meinen Fahrer wissen, dass ich lieber den Taxi nehmen wollte, ich hatte Beijinger Smalltalk bereits vermisst. Die Taxifahrt war sehr entspannt, nach dem ich noch kurz mit dem Taxifahrer über die Verstaatlichung und Enteignung des Opelkonzerns und der Folgen für die deutsche Automobilindustrie diskutierte, standen wir in Beijings Business District im Stau. Der Grund, der zweite CCTV tower brannte! Was für eine Tragödie, angeblich waren Feuerwerkskörper Ursache des Unglücks.
Ich witterte den Bedarf nach zusätzlichen Rettungskräfte, bezahlte meine Fahrer und rannte zur Unglücksstelle. Ein Kind war im 46. Stock des Gebäudes gefangen und niemand wagte sich es zu retten - es sei aussichtslos. Das konnte ich nicht akzeptieren und rannte zu seiner Rettung ins Gebäude. Ich erinnere mich nurnoch an die verzweifelten Warnungen der Sicherheitskräfte, ehe ich das Gebäude betraf. Kurze Zeit später war ich wieder bei Bewusstsein, das sechsjährige Mädchen sicher im Arm. Angeblich durchbrach ich mit dem Kind auf dem Arm die Fensterfront im 46. Stock und sprang mit ihr in die Tiefe. Glücklichweise befand sich ein sinnvoll zusammengekehrter Haufen Müll direkt unter uns in wem wir landeten, ehe ich wieder zu mir kam. Was wäre passiert, wenn man hier Müll sachgemäß entsorgen würde? Ich möchte garnicht darüber nachdenken.
Ich übergab das verstörte Kind an die besorgten Eltern und machte ich mich schnell aus dem Staub, ehe die Presse auf meine Heldentat aufmerksam wurde, soviel Ruhm an einem Tag? Ich bitte Euch!



Es brennt, Hilfe ist unterwegs!


Erst im Taxi merkte ich, da stimmt doch irgendwas nicht. Das Adrenalin wich langsam aus meiner Blutbahn und machte den Weg frei für Schmerzimpulse aus meinem linken Fuß. Was ist da geschehen? Ich muss mich irgendwie verletzt haben. Kaum war mein Knöchel auf Tennisballgröße angeschwollen, machte ich mich auf dem Weg ins Krankenhaus. Röntgenaufnahmen gaben mir Gewissheit: Ein Knochensplitter. Nach Rekonstruktion der Rettungsmaßnahmen wurde klar, bei der Ladung auf dem Müllhaufen muss ich auf einem unglücklich gestapelten Haufen Hühnerfüße gelandet sein, die Bänder konnten der Wucht des Aufpralls auf diesem losen Grund nicht standhalten.

Röntgenaufnahme des Heldenfußes

Noch im Krankenhaus holten mich die Ereignisse des Tages alle wieder ein, diese Heldentaten, solch Ruhm, all dies wurde überschattet als mir endlich klar wurde: Stefan, das war es mit deiner Rennfahrer Karriere! Du wirst nie wieder in der Lage sein ein Fahrzeug zu lenken, geschweige denn ein Rennen zu fahren. Da saß ich, im Warteraum des International SOS, zurück in die Steinzeit - Du musst wohl wieder am Schreibtisch sitzen und an Deiner Studienarbeit basteln, genauso wie all die anderen armen Seelen des Tsinghua Austauschprogramms. Keine Extrawurst mehr für mich, keine Siegerehrungen, kein Champagner: Mensa und Kaffee, die alten Bekannten. Und jetzt krüppel ich durch Peking, Stolz gebrochen aber mit gehobenem Haupt, denn auf dem Weg zum Wohnheim sprach mich der Vorsitzender der Automotive Behindertenabteilung an: Wir trainieren für die Para-Uni-lympics. Erst an der Uni, dann in Peking und schließlich International! Ich habe wieder Perspektive - Was für ein Tag!

Bis zur Mensa schaffe ich es noch!

PS: Gerüchte machen die Runde, Neider verbreiten schamlos Geschichten und versuchen meine heroische Verletzung auf anderem Wege zu erklären. Angeblich sei ich nach einer durchzechten Nacht mit zuviel Kleingeld durch den Fahradkeller des Zijing #21 stolziert und beim Einsortieren meiner Geldscheine hätte eine Windböe einen 10 Yuan schein erfasst und über das Geländer geweht. Böse Zungen behaupten ich wäre dem umgerechneten Euro nachgegangen, über das Geländer geklettert und die letzten 50cm des Weges auf die Wiese unterhalb des Radkellers "gesprungen", auf der mein Geld sehnsüchtig auf mich gewartet hätte. Und jetzt kommt es: Der unspektakuläre Fall wurde angeblich gebremst von einem Loch im Rasenboden, der mir alsbald das Gleichgewicht geraubt hätte. Was für ein Schwachsinn, durch das Wegknicken hätten mir die Bänder wohl ein Stück des Knochens rausgerissen... So versucht man mich hier zu denunzieren! Wer glaubt denn so eine bescheuerte Geschichte? Wann immer ihr diesen Unfug hören solltet, nicht glauben! Jemand möchte offensichtlich versuchen mich fertig zu machen!

Warum denn? Ich bin doch nur Rennfahrer ...

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Legend...wait for it...dary!

Jörn hat gesagt…

haha

Johanna hat gesagt…

Hast du zuviel Zeit oder was? ;-)

Fidi hat gesagt…

wenn du jemanden durch die dünnen Wände lachen hörst bin ich das, und wenn du mich nicht mehr hörst bin ich erstickt, weil ich vor lachen keine Luft mehr bekommen habe!