Samstag, 7. März 2009

Bamboo? Wandern am Li Jiang

Erwartungsvoll guckt uns die Frau aus dem Feld an. Zwei Waiguoren (Ausländer) alleine auf dem Wanderweg von Yangdi nach Xingping. Der Weg geht ca. 10 km am Li Jiang entlang, der sich durch die bizarre Karstlandschaft schlängelt. Die Frau scheint zu bemerken, dass uns jungen Leuten der Fußmarsch wohl nicht zu lange ist und widmet sich wieder ihrer Arbeit. Den Blick auf den Orangenbaum gerichtet folgt aber (wohl der Vollständigkeit halber) noch ein leises "Bambooo?".

Die Tourigruppen mit stilvollen Floßen aus grünem Plastik-Fake-Bambus den Fluß hinunter zu schippern ist anscheinend angenehmer Nebenverdienst von JEDEM dort, denn egal ob Frau auf Feld, Mann auf Baustelle, Obstverkäufer, Viehzüchter, Motorradfahrer - jeder guckt einen fragend an und murmelt "Bamboo?" Schon lustig. Nach Yangdi sind wir mit dem Bus gefahren, wo uns mal wieder eindrucksvoll demonstriert wurde, wie Chinesen ein Thema diskutieren. Folgende Situation: Beim Einstieg in den Bus war eine Frau dabei, die eine besagte Bamboo-Fahrt organisiert. Die hat sie einem Mann mittleren Alters (Chinese) angeboten. Er, nicht abgeneigt, fragt uns und andere Mitfahrende, ob sie mitkommen/teilen möchten. Wir sagen nein, die anderen wollen den Preis verhandeln. Das war der Startschuss für 30 Min. Busfahrt in denen laut und gestikulierend jedweder Aspekt der Geschichte mit jedweder möglichen Instanz (Busfahrer, Fahrgäste...) ausdiskutiert wurde, welcher Weg schön oder nicht schön ist, welcher Preis, etc. Das ganze hat ungelogen 30 Min gedauert, mit dem Ergebnis dass der Mann im Endeffekt die Tour gemacht hat. Die deutsche Direktheit, zack zack Informationen auszutauschen, stößt hier manchmal auf Unverständnis und wird vielleicht auch manchmal als etwas unhöflich empfunden, wobei unsere mangelnden Sprachkenntniss in dieser Hinsicht noch eine gute Entschuldigung sein könnte.
Auch eine weitere lustige Eigenart ist uns auf dem Weg begegnet: Das mangelnde Verhältnis zu Zeitangaben. Höchst lustig, mitunter aber erschwerend für die Planungen. Auf dem Weg von Yangdi nach Xingping, etwa auf der Hälfte, haben wir in kurzer Folge zwei Leute am Wegesrand (Leute die da wohlgemerkt leben!) gefragt, wie lange der Weg noch dauert. Die Angaben waren: 4 Stunden und 1 Stunde. :) Herrlich. An anderer Stelle, in Sichuan, hatte Elfi sich bei der Busfahrzeit von ihrer Heimatstadt in die Hauptstadt Chengdu um fast 2 Stunden vertan (sie sagte 5, es waren gute 3), obwohl sie die Strecke ständig fährt (jedes Semester mindestens 2 mal, nach Peking hin und zurück). Dies sind auch nur 2 von dutzenden solcher Beispiele. Mir ist als einzige Erklärung im Kopf geblieben, dass die Chinesen selbst nicht nach so etwas fragen und es daher überhaupt kein Gefühl für solche Einschätzungen gibt.
Nach gut 2 Stunden sind wir dann schließlich in Xingping angekommen, dem Ort mit dem 20 Yuan-Schein-Panorama. Dort konnte man schön beobachten, wie chinesischer Tourismus im Kern funktioniert: Leute hinkarren (Riksha, Taxi), ausladen, auf einem Boot völlig überteuert auf den Fluß fahren, Foto machen, dann das gleiche Rückwärts. Während wir auf dem Fußmarsch die ganze Zeit schönes Bergpanorama hatten, waren wir die ganze Zeit allein. Kaum kommt man an dasjenige, was mal ein guter Fotograf in Szene gesetzt hat, wird man von Touristen umringelt. Schon witzig :) Insgesamt eine schöne Wanderung - den Abschluss bildete, dass wir mit einer chinesischen Reisegruppe zurück nach Yangshuo gefahren sind. Das der Fahrer sich da was dazu verdient, ist uns erst aufgefallen als wir drin saßen. Uns wars egal, der Preis war der gleiche wie für den normalen Bus.

Touri-Abripp at it's best
Weitere Fotos wie immer hier.

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