Sonntag, 2. November 2008

... warum?

2. November 2008, ein typischer Sonntag morgen. Naja, was ist schon typisch?

Warmes Wasser gibt es im Wohnheim noch bis 9 Uhr, danach wird's kalt - richtig kalt. So beginnt ein Sonntag nicht selten um 8:45 mit dem lästigen Klingeln meines Weckers, dann der schlaftrunkene Gang unter die Dusche. Duschen gerne so lange, bis nurnoch ein paar Tropfen Warmwasser aus der Leitung kriechen. Wach wird man dabei aber nur, wenn man unter der Dusche feststellt:

a) Moment, hab ich den Wecker nicht auf "ausschlafen" gestellt? oder
b) Die Warmwasserpumpen sind mal wieder kaputt

Egal bei welcher Variante, es läuft einem eiskalt den Rücken runter! Wenigstens wurden gestern die Heizungsanlagen in Betrieb genommen, endlich: der Heizstrahler wurde wieder eingepackt, man kann wieder lüften ohne zu erfrieren, die Luft ist knochentrocken und mein Döschen "Blistex" erfährt neue Zuneigung.

Im Regelfall ist das Wasser warm, ich müde - typisch. So auch heute. Faul wie ich bin, frühstücke ich Sonntags nicht in der Mensa. Nein, ich habe endlich wieder "Oatmeal" + Banane für mich entdeckt, traumhaftes Frühstück, hält nur leider nicht lange vor. So treffen wir uns in der Regel zwischen zwölf und ein Uhr vor dem Wohnheim, um gemeinsam zur Mensa zu fahren. Essen gibt's dort nur bis ein Uhr, somit ist man quasi dazu gezwungen sich vor eins nochmal den Bauch vollzuschlagen. Lecker ist's, auch der Reis - noch immer.

Typisch, oder auch nicht, war jedenfalls Jörns und mein Erlebnis vor der Mensa. Kurz das Fahrrad unter den 1.236 anderen Fahrrädern vor der Mensa versteckt, kurzer Blick zurück (ich will meins ja später auch wiederfinden) und auf in die Mensa. Nach ein paar Schritten kam er wieder, dieser "kurze nichts-begreifende Blick" zur Seite. Jener kurze Blick auf das Ziel und schnell wieder weggeguckt. Plötzlich fängt das Hirn an zu arbeiten und fragt mich: Hast Du gerade wirklich ein chinesisches Mädchen mit gelben Putzhandschuhen, einem verschmutzten Lappen, Putzeimer, einem gelben Smiley-Anstecker und einem Lächeln auf dem Gesicht gesehen? Vor der Mensa? Zur Mittagszeit? Das schaue ich mir nochmal an. Und ich hatte mich geirrt, es waren zwei! Kurze Frage: "men zuò shénme?" (Was (zum Teufel?) macht ihr?). Als erstes drückte sie jedem von uns ein selbst gestaltetes Lesezeichen in die Hand:


Ehe wir uns weiter Gedanken über die Situation machen konnten, wurden wir gefragt, wo denn unsere Fahrräder seien. Wir (mit einer gewissen Vorahnung) zeigten grob in die Richtung unserer Räder. Das reichte nicht, welches genau? Das mit dem roten Schloss? Alles klar! Los zogen die zwei - und putzten unsere Fahrräder.

Wir brauchten ein paar Sekunden, ehe wir begriffen hatten was Sache war und nachgehakt haben: "Warum?". "Nur so, wir sind Volunteers". Die Frage, Volunteers für was, habe ich mir verkniffen - ich schätze einfach ... freiwillig für sich selbst! Die Schriftzeichen bedeuten übrigens soviel wie "Immer lächeln beim Fahrrad putzen, habe einen schönen Tag". Wer der chinesischen Schrift mächtig ist, möge mich bitte korrigieren. Etwas verdutzt gingen wir zum Essen. Nudelsuppe, mit Fleisch, leicht scharf + Gemüse, köstlich.

Auf dem Weg nach draußen musste ich dann doch mal genauer zählen: Es waren doch 11 Frauen vor der Mensa die Fahrräder putzten und an jeden Lenker eines dieser Lesezeichen gehängt hatten. Zwei davon zieren jedenfalls jetzt mein Zimmer.

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