Sonntag, 25. Oktober 2009

Xinjiang

Oft geplant und wieder verworfen: Am Donnerstag geht es endlich für eine Kurzreise in die autonome Region Xinjiang im Nordosten Chinas. Diesmal jedoch nicht privat, sondern beruflich – was jedoch nicht heißt, dass ich ohne vertraute Reisebegleitung fahren müsste. Da die beiden Firmen bei denen Florian und ich derzeit für die Dauer unseres Praktikums angestellt sind zusammen an einem gemeinsamen Projekt tüfteln, können wir auch diesmal wieder gemeinsam reisen.

Jörn hat bereits beeindruckend zusammengefasst, wieviele Reisekilometer wir im letzten Jahr bereits hinter uns gebracht haben – und das nur in China. Vielleicht rafft er sich auch noch dazu auf, unsere Süd-Ost-Asien Reisen in verlässliche km-Zahlen zusammenzufassen *hint ;) Für uns geht es Donnerstag früh per Flieger von Beijing nach Ürümqi, der Hauptstadt der Region und gleichzeitig mit 2,6 mio Einwohnern auch die größte Stadt in Xinjiang. 2411 km, Eine Strecke für die man mit dem Auto (3300km) wohl etwas länger brauchen würde. Wer einmal im Hochsommer durch Südspanien mit einem unklimatisierten Auto gefahren ist, kann sich sicherlich ausmalen, wie es sich in dieser Region anfühlen würde.

Ürümqi, eine Stadt deren Name gerade kürzlich im Rahmen der Unruhen im Juli 2009 auch in Deutschland häufig durch die Presse ging. Aber auch neben Unruhen hat Ürümqi noch einiges zu bieten: Unter anderem hat sie sich einen Platz im Guinness Buch der Rekorde „verdient", und zwar als „the most remote city from any sea in the world" – was vielleicht auch das Wüsten-typische Klima erklären könnte.

Einstellen können wir uns also schonmal auf heiße Tage und kalte Nächte. Einstellen SOLLTEN wir uns aber besonders auf heiße Spieße und kalten Baijiu, schließlich handelt es sich um eine Reise mit geschäftlichem Rahmen und da is der klare, stechend riechende Lieblingsschnaps „des Chinesen" nicht wegzudenken.

Ziel unserer Reise ist Fùkāng, eine Stadt einige km außerhalb von Ürümqi und Hort einiger großer Kohleminen. Und genau diese, besser gesagt zwei davon, sind Ziel unseres Kurztrips. China, mittlerweile der größte Kohleverbrauche der Welt, hat viele davon. 2006 wurden knapp 70% des Energiebedrafs in China von Kohlekraftwerken gedeckt. Hinter den USA und Russland ist China das Land mit den größten Kohlereserven der Welt und die meißten davon befinden sich im Norden und Nordosten Chinas. Ob wir letztlich mit Methan in der Lunge und Kohle im Gesicht die Minen unter Tage besichtigen oder ledliglich die Umliegenden Anlagen begutachten ist uns noch nicht ganz klar: Fakt ist, es wird gut gegessen! Das Xinjiang Restaurant, keine 3 Minuten zu Fuß von unserer Wohnung, freut sich bereits seit zwei Monaten über regelmäßigen Besuch der drei Deutschen aus der Straße – denn das Essen ist klasse!

Xinjiang, ist das nicht gefährlich? Auch einige Monate nach den Unruhen ist die Situation in Xinjiang noch nicht vollständig entspannt. Josh, ein 26 jähriger amerikanscher Englischlehrer, der seit drei Jahren mit seiner Frau in Xinjiang wohnt und nebenbei an Beiträgen für einen China-Reiseführer arbeitet, schreibt auf seinem Blog http://www.farwestchina.com/ interessante Artikel zur derzeitigen Situation in Xinjiang:

7. Oktober 2009:

Life here in Xinjiang has resumed its normal pace but now a new element has been added just for fun: the life-threatening rumor. It seems like every week we have to determine how to handle each new rumor, including both those which are verifiable (needles, H1N1, etc.) and those which are not ("something's going to happen tomorrow, I hear" or "nobody is allowed to leave the city for the next week"). Nobody knows what to believe, which means that most people are forced to accept everything they hear as fact and are becoming quite paranoid.

Contrary to local conventional wisdom, I have refused to become too fearful, taking a few motorcycle trips around the province and not wearing a face mask to protect myself from the crazy flu. I also left the province during this October holiday, another risk I was advised against ("You'll be quarantined when you get back for one full week!"), which is how I am typing this message right now. I'm in a hotel room not even 50km from the Xinjiang border, soaking in the internet like it's a miracle from heaven.

Weiterhin hat er auf seinem Blog kurz geschildert, was sich durch die Unruhen in der Provinz getan und bewegt hat und was davon noch übrig geblieben ist.

Die Nachrichten-Sperre und ausgeweitete Internetblockade finde ich besonders „interessant":
[...]
Long distance calling has been shut down even tighter. While previously I could use a specific phone card to call home or at least receive incoming calls late at night, it seems that this "loophole" has been discovered and fixed. Communication with my family is virtually nil right now.
Dunhuang has become Xinjiang's most important city. And it's not even located within Xinjiang...it's in Gansu! Pretty much the first city outside of Xinjiang with internet access, Dunhuang has become the place for all businessmen and foreigners to go to regain access to email and business contacts. Hotels and coffee shops tell me they've seen a noticable increase in Xinjiang traffic.
[...]
The internet is rumored to remain closed until late next year. This is the most discouraging to me. I'm not sure what advantage there is to keeping this province in the dark until April or May, but even my friend within the city government told me not to expect anything until at least the Chinese New Year. I've heard that our neighbors to the south are in the same situation but I'm not quite sure.
[...]
Ich frage mich also schon jetzt, ob wir überhaupt mit Mobilfunkempfang während der Zeit rechnen können?

Schön zu lesen:

We're not suffering over here but things have definitely changed. With every day that goes by these changes become more and more routine to the point that it's almost considered "normal". Personally I take comfort in many of these points, I just hope that in the future all of this won't be neccessary.

Keine Kommentare: