Montag, 19. Oktober 2009

Japan - ein stilles Örtchen

"Die öffentlichen Toiletten sind die Visitenkarten eines Landes. Nirgendwo stimmt das mehr als in Japan." (Der Autor Andreas Neuenkirchen in "Gebrauchsanweisung Japan")
Nanu, mag sich der eine oder andere fragen. Soviel Aufhebens um Toiletten? Nun ja. Wer sein Leben mal etwas länger in China ausserhalb von Pudong (Shanghai) und Chaoyang (Peking) verbracht hat, der wird wissen, warum es in China 2008 den "Welt-Toiletten-Gipfel" gab, und warum man aus dem einfachen, öffentlich zu verrichtenden Geschäft, ein Geister-scheidendes Thema machen kann: die einen halten es aus, die anderen fahren nicht (mehr) nach China.

"Aber Japan? Das ist doch eine Industrienation!" Wird der Asienkenner lauthals verkünden. Richtig. Als ich vor ein paar Wochen endlich anfangen durfte, meine Freude über den bevorstehenden Aufenthalt im Land der aufgehenden Sonne hinausposaunen zu dürfen, da erreichten mich aus verschiedensten Ecken dieser Welt, quasi kultur-übergreifend, interessante Kommentare. Anscheinend ist da was im Busch, was mit Nippon und seinen Wasserklosetts zu tun hat.

So ließ sich mich eine Bekannte aus Polen wissen, dass ihr die Sache mit Japan ja schon fremd ist, aber dann diese Sanitärsituation?

"Am miesesten gefällt mir die Sache mit den Toiletten, was ist da so toll dran?" (Anna, Polen)
Anscheinend ist bei uns in Europa das Bild vom großen Nachbarn China geprägt, der wie oben beschrieben zurecht in dieser Disziplin zu Weltruhm gekommen ist. Doch auch im Land der Mitte selbst scheint die Sache ein Thema zu sein:

"...Please remember to go to Japanese WC's, some people told me it is very interesting..." (Kelly, China)
Ich habe kurz überlegt, wie ich ihr das beibringen soll, dass man so etwas in 2 Monaten, ohne sehr große Probleme zu bekommen, schlecht vergessen kann. Aber da Chinesen, Sarkasmus und Ironie quasi ein trio infernale bilden, habe ich mir das verkniffen.*

Aber jetzt lass dich Katze aus dem Sack, Jörn, was ist nun das besondere, was die japanischen Toiletten auf der Welt so besonders macht? Nun ja, wohl dass man für sie eine Gebrauchsanweisung braucht. Es gibt soviele Knöpfe, dass man allein mit dem geistigen Vorstellen der mit Icons visualisierten Funktionen einige Zeit verbringen kann. Da gibt es diverse Spülstrahlen mit Joystick, verschiedenste Gebläse und Musik. Ja, richtig, Musik - denn der Nebenmann soll ja nicht gestört werden - da kommt ein Bach-Stakkato doch etwas stillvoller als das eigene.

Zum Glück war ich schon mit der Materie vertraut- ich war vorbelastet: Die Koreaner haben sich einiges abgeguckt, im September in Busan durfte ich schon mal "testen":

Als ich das erste Mal bei Frau Bae den hochmodernen Apparat benutzte, hätte ich so einiges für eine Gebrauchsanweisung gegeben, bis ich dann doch -mit Schweiß auf der Stirn und der einen oder anderen peinlichen Situation vor Augen - hinter dem Kasten den manuellen Spülhebel fand. (Jörn, Korea)

Vor ein paar Tagen habe ich von einem Studenten gehört, dass in der Nähe von Shinjuku der modernste "Schont" der Welt zu finden sein soll. Ich bin gespannt - die vom Sheraton in Ebisu hat definitiv die Messlatte hochgelegt. Ich werde berichten!

PS: Beim Oktoberfest in Yokohama vor zwei Tagen stieß ich auf eine Gelegenheit, an eben einer jener Örtlichkeiten mit meinen Chinesisch- bzw. Kanji**-Kenntnissen zu punkten: Es gab pro Geschlecht zwei Schlangen, eine für 小号 (Xiao Hao - kleine Nummer) und eine für 大号(Da Hao - große Nummer); Interpretationen bleiben dem Leser selbst überlassen.

*Circa sagt der Chinese nicht, quasi, das ist Chinesisch.
**Die Japaner benutzen zumindest in manchen Situationen die chinesischen Schriftzeichen, im japanischen genannt "Kanji".

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