Dienstag, 18. August 2009

Sapa - abgelegenes Wunderland

"...and if you're bloody lucky mates, maybe one of the girls will ask you to stay with her family..."
Sprach der namenlose Neuseeländer auf dem Tram Tom Pass in der Nähe von Sapa, während er mit uns am kleinen, handlichen, mit lokalen Köstlichkeiten gefüllten Grill einer Vietnamesin sitzt. Er offenbart uns, dass er hier seine Rente verbringen möchte. Hier, dass ist Sapa im Nordwesten von Vietnam. Den Reiz dieses einst verschlafenen Örtchens macht zweierlei aus: Die absolut atemberaubende Landschaft, bestehend aus wolkenverhangenen Tälern und Berggipfeln, und die hier ansässigen ethnischen Mindernheiten.

Von Sapa - Wonderland
Sonnenuntergang über Sapa

"Was zum *';:?* sind ethnische Minderheiten?" oder "Wird man etwa zum Rassist?" wird der nicht Asien-bewanderte Leser fragen. Das Phänomen, das in abgelegenen (idR Hochland-) Regionen noch Völker leben (sog. hill tribes), deren ethnische Identität aufgrund von jahrhundertelanger Abgeschiedenheit noch immer in körperlichen Merkmalen sowie Auftreten und Kultur zu erkennen ist, ist ein Europa längst unbekannt. Wenn man hier von ethnischen Minderheiten spricht, so ist dies nicht rassistisch, sondern schlicht Fakt.

Der Weg vom Nachtzug, der an der chinesischen Grenze in Lau Cai ankam, nach Sapa, war die wohl aufregendste Busfahrt des Urlaubs (sofern andere Busfahrten überhaupt positiv aufregend waren). Auf einem riesigen Areal erstreckt sich eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. Knallgrüne Berge voll von Reisterassen, Bambus und Nadelwald, unten Täler die teils von Wolkenmehren bedeckt, teils von einzelnen Wolkenfetzen durchzogen sind; Erinnerungen an Peru wurden wach, doch trotz des spektakulären und einzigartigen Macchu Pichu ist die Gegend um Sapa die vielleicht schönste Landschaft in der ich je gewesen bin.

Wer nach Sapa kommt, wird schon auf den Straßen nach Sapa unzählige Frauen sehen, die in traditionellen Trachten und Körben auf dem Rücken in die Stadt ziehen. In dieser Region waren seit eher die Frauen hauptsächlich für den Handel zuständig, die Männer machen die Arbeit auf dem Feld und im Haus. Wenn Markttag ist/war, ziehen aus allen umliegenden Dörfern die Frauen in die "Stadt". Mittlerweile verdienen viele der Frauen der "Schwarzen Hmong" und "Roten Dzao" ihr Geld mit dem Verkauf von Souvenirs an Touristen oder als Führer für Trekkingtouren in der Region.

Von Sapa - Wonderland
Frauen der Minderheit Red Dzao auf dem Markt in Sapa

Wo wir wieder beim Trekking wären. Der Neuseeländer empfahl uns, einfach eins der "girls" der Schwarzen Hmong anzusprechen, ob sie Interesse hat uns für 2 Tage die Region zu zeigen. Gesagt, getan! Während Flo und Paul mit dem Motorrad unterwegs waren, sprach ich auf dem Markt eine sympatisch aussehende Frau an - und nach kurzem Nachdenken erklärte sie sich in gebrochenem Englisch gerne bereit, uns mit in ihr Dorf zu nehmen und insgesamt 2 Tage durch die Region zu wandern. Einzige Bedingung: wir gehen mit ihr am Morgen auf den Markt und kaufen Essen für die drei Mahlzeiten, die wir dann gemeinsam mit der Familie einnehmen würden. Der weitere Lohn sei "uns überlassen". Das Angebot nahmen wir gerne an - wie die Tour war werde ich in einem weiteren Eintrag beschreiben.

Von Sapa - Wonderland
Frauen der seltenen Minderheit "Black Dzao" beim Essen auf dem Markt in Sapa

Wer jetzt denkt, dass mit dem Tourismus auch westlicher Lebensstil einmarschiert ist, der täuscht - nicht wie in China ist die derartige Öffnung der Region erst sehr jung und der Einfluss noch begrenzt. Das Leben in der Stadt dreht sich viel um Tourismus - aber nicht nur. Der Markt ist noch immer fest in der Hand der Einheimischen - dort wird gefeilscht, gehandelt und werden neue Trachten anprobiert. Der von uns sehr geschätzte Author des deutschen Reiseführers "Reise-Know-How Vietnam" (dank an dieser Stellean Heiko), Wolf-Eckhard Bühler, erklärt die Region zu einer vor nicht allzu langer Zeit noch mit unzugänglichsten Region der Welt und die Bergvölker als jene, die in Asien ihre Lebensweise noch am ursprünglichsten beibehalten haben.

Zu beobachten, wie die Völker derzeit auf die fremden Einflüsse reagieren, war eine der spannendsten Erfahrungen in meinem gesamten Auslandsaufenthalt. Wir haben mit "Thu", der besagten Reiseführerin, ein Haus ohne fließend Wasser, WC o.ä. und nur einer Glühbirne geteilt, mit der Familie am Feuer Reisschnaps getrunken und auf dem Boden geschlafen - und nur einen Tag später hat mich eines der Mädels nach meinem Facebook-Account gefragt, nachdem sie mich beim Billard abgezogen hat - einfach surreal. In einem Ort direkt neben Xa Seng (wo wir übernachtet haben), trafen wir Kinder, die laut Thu noch nie (!) Westler getroffen haben. Und schließlich, am letzten Abend, fragte mich eins der Mädels ob ich für sie ein paar Emails ihrer "Trekking-Gäste" beantworten kann, denn sie konnte weder vernünftig lesen noch schreiben, während nebenan ein paar Mädchen in Trachten Computerspiele spielen.


Nicht unser Video, aber: Lang, eins der Mädels die wir dort kennengelernt haben, beim Entdecken des Iphone

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