Sonntag, 9. August 2009

Kenh Ga

Gedankenlos radelt man durch Reisfelder und Karstformationen. Rechts wird die Kulisse von einem kleinen Fluss und angrenzenden Feuchtreisfelder gebildet, rechts sind heruntergewirtschaftete Häuser und Landwirtschaft zu sehen. Wir radeln zu viert von Ninh Binh nach Kenh Ga, ein kleines Örtchen, in dem die Zeit angeblich "stehen geblieben" ist. Völlig selbstverständlich taucht zur Linken eine Schar Kinder auf, die mir, der ich zwecks Fotografieren etwas zurückgeblieben bin, freundlich zuwinkt. Ich winke zurück, und entdecke das Gebäude hinter den Kindern als etwas, das mich in dieser Umgebung einfach überrascht: eine katholische Kirche.

Von Ninh Binh
Kirche am Wegesrand

Den Einfluss des französischen Imperialismus in Vietnam, und so wahrscheinlich im gesamten Indochina (Laos, Kambodscha, Vietnam), ist deutlich zu merken. Bereits vor über einhundert Jahren glierten die Franzosen die Länder in ihre Kolonien ein und brachten westliche Kultur, Religion und Gewalt (wobei man sagen muss, dass Vietnam schon immer von diversen Territorialkonflikten heimgesucht wurde, siehe Wikipedia).

Heute habe ich den Eindruck, dass durchaus viel positives hängen geblieben ist. So ist die Schrift vom Jesuiten Alexandre De Rhodes revolutioniert worden, weg von chinesischen Schriftzeichen hin zur lateinischen Schrift. Das erleichterte nicht nur den Imperialisten das Erlernen der Sprache, sondern heute ebenso der breiten ländlichen Bevölkerung. Dies und viele weitere Bildungsreformen durch die Franzosen haben meines Erachtens zu einer merklich gebildeteren Gesellschaft geführt, als sie heute bspw. in China zu finden ist. Dies hat ganz praktische Folgen - während in China der Müll in der Regel hinterm Haus den Abhang runtergeschmissen wird, gibt es hier ein offensichtliches Bewusstsein für Umwelt - man entsorgt den Müll halt auch auf dem Land (im Normalfall) auf Kippen.

Ein weiterer Einfluss, der heute noch greifbar ist, sind die vielen katholischen Bildungs- und Sozialeinrichtungen. Obwohl nur ca 8% der Vietnamesen Christen sind, findet sich in jedem kleinen Ort eine Kirche mit angrenzendem Waisenhaus, Schule, o.ä. Im Gegensatz zu Peru habe ich hier das Gefühl, dass die Kirche hier einen merklich positiven Einfluss hat (ein Gefühl, dass ich übrigens auch in Thailand hatte, wo die besten Schulen die christlichen sind, obwohl das Land nahezu keine Christen hat).

Von Ninh Binh
Die Kirche von Kenh Ga

Und damit zurück zu Kenh Ga, dem Ziel unseres Ausfluges. Auch hier gab es in einem relativ ärmlichen Ort eine ziemlich pompöse Kirche, die nach Aussagen den Guides sämtlich aus Spenden der Bewohner finanziert wird. Alle Bewohner des Ortes waren Christen und zeigten trotz spartanischer Lebensweise eine ausgesprochene Zufriedenheit und ein Traditionsbewusstsein im alltäglichen Leben, dass mir so selten begegnet ist. Klar, in dem Ort gab es auch Touristen - aber das Geld das durch die hereingespült wird ist verschwindend gering, so dass es so schien als wäre das Flussleben der Menschen (Boote, Boote, Boote - alles wird über den Fluss gehandelt, transportiert, etc) noch sehr authentisch.

Von Ninh Binh
Frau rudert über den Fluss durch Kenh Ga

Und für den sensationsgierigen Zuschauer gabs dann auch noch etwas charakteristisch-einprägsames: hier wird mit den Füßen gerudert.

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