Sonntag, 11. Januar 2009

Die ersten Klausuren

"There are hard ways, and easy ways, hehehe"
Amüsiert sich Prof. Zhang in mein Ohr. Noch sind 10 Minuten in der Klausur "Alternative Vehicle Propulsion Systems" zu schreiben. Was war meine Frage an den ehrenwerten Herren gewesen? Kann man die auf 12 Minuten angesetzte Aufgabe 1 auch einfach lösen in dem man den Wert aus der Formelsammlung abschreibt? Ja, man kann. Ob das dem Typen vorher aufgefallen ist oder nicht, sei mal dahin gestellt. Die meisten von uns hatten sich zu dieser äußert bequemen Lösung nicht getraut, doch simples Nachfragen half da weiter.

AVPS war bereits die 4. Klausur, die ich an der Tsinghua geschrieben habe (und die vorletzte). Was bleibt zum Niveau hier zu sagen? Mal abgesehen von dem noch kommenden Fach "Automotive Engineering 1", was als schwer angekündigt gilt, war der Schwierigkeitsgrad hier deutlich unter dem Aachener anzusiedeln. Zur Vorbereitung haben wir natürlich wie immer Altklausuren durchgerechnet, stets war das Fazit: Dafür reicht unser Lernfortschritt noch nicht! Für so manchen war das sogar Grund, aus überzogener Torschlusspanik über ein Abmelden nachzudenken. Für die Tsinghua-Klausuren hat es in jedem Fall stets gereicht.

Über die Leistungsfähigkeit der chinesischen Elitestudenten hier an der Tsinghua möchte ich auch ein paar Worte verlieren. Die Jungs und Mädels ackern hier ein wahnsinniges Programm ab, machen 10 Kurse im Semester (ich 6, und das ist schon stressig gewesen), und büffeln nebenbei noch für irgendwelche Firmeneinstellungstests. Privatleben wird da klein, aber ganz klein, geschrieben. Um 11 Uhr geht der Strom in den Wohnheimen aus, und obwohl die alle volljährig sind ist wechselseitiger Besuch in den Wohnheimen nicht erlaubt (obwohl man sich da auch schönere Orte vorstellen kann als ein 4er Zimmer).

Doch was kommt rum bei der ganzen Lernerei? Entweder die chinesischen Studenten sind bis zur Selbstaufgabe bescheiden, oder sie hatten wirklich echte Probleme mit den Klausuren, die wir zusammen geschrieben haben. Wirklich eigenartig. Besonders die Zeit scheint hier ein echtes Problem im Vergleich zu den deutschen Studenten zu sein. Während wir in antrainiertem ME-Tempo die Klausuren z.T. sehr locker unter der Zeit fertig bekamen, war bspw. bei ICEF die gesamte chinesische Belegschaft noch am rechnen, als Paul, Sven und ich schon längst wieder im Wohnheim waren (satte 45 min später bei 120 Min. Klausur), und sind dennoch nicht fertig geworden.

Ich hoffe dass mich die nächsten Monate noch eines besseren belehren, doch die letzten Klausuren hinterließen bei mir ein bisschen den Eindruck, dass das chinesische Bildungssystem dem eigenständigen Lösen neuer Aufgaben nicht nur nicht dienlich ist, sondern es sogar behindert. Denn was hier als Auswahl von 1.400.000.000 Chinesen zu sehen ist, ist ja nicht mal annähernd repräsentativ. Während wir deutschen Studenten 6-8 Stunden am Tag lernen, dabei dann aber richtig verstehen, sitzen die chinesen bis morgens im McDonalds und büffeln wie die irren, nur um dann vor einem leicht abgewandelten Problem zu stehen wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg. Was der Eindruck der Aachener bei diesen Studenten hervorruft, lässt sich an der ziemlich entgeisterten SMS einer Mitstudentin nach einer Klausur ablesen, die ich hier keineswegs aus Selbstbeweihräucherung oder Überheblichkeit zitiere, sondern lediglich um mal zu verdeutlichen, wie der Eindruck anscheinend war.

"Now I think I know why Germany is the number 1 king country of engineering."

2 Kommentare:

Stefan hat gesagt…

So strong and great!

Anonym hat gesagt…

Aachen Alter! ;)